Franzi bricht nach Rio auf

Mit WM-Bronze haben Franziska Hentke und Trainer Bernd Berkhahn das Jahr beendet: Jetzt geht ihr Blick nach Rio.
Foto : Erol Popova
Zschepkau zählt nur drei Straßen: die Zschepkauer Dorfstraße, die Straße Am Wasserwerk und den Brennereiweg. Die Qual der Wahl kann man das also nicht nennen, wenn die 160-Seelen-Gemeinde bei Wolfen ihrer berühmten Tochter Franziska Hentke zuliebe eine Umbenennung vornehmen möchte. Dass dies tatsächlich eines Tages passiert, sagt die Schwimmerin vom SCM, ist eher unwahrscheinlich. Was aber wäre die Ausnahme? “Vielleicht”, meint Hentke lächelnd, “wenn ich Olympia-Siegerin bin.”

Die nächsten Sommerspiele finden in Rio de Janeiro 2016 statt, im Leistungssport bedeutet das: bald. Deshalb stellt Hentkes Trainer Bernd Berkhahn klar: “Die Vorbereitung auf Olympia beginnt im Januar.” Und die Vorbereitung sieht in fast 19 Monaten keinen Urlaubstag für die 25-Jährige vor. “Für Franziska wird das leichter, stressfreier, als nach Pausen immer wieder einen neuen Anlauf nehmen zu müssen”, ist sich Berkhahn sicher.

Der Aufbruch zu den Spielen startet sogleich mit einem Vorgeschmack auf jenes Groß-ereignis: Bundestrainer Henning Lambertz hat Hentke ins Trainingslager des Deutschen Schwimmverbandes nach Rio (4. bis 18. Januar) eingeladen – nicht zuletzt aufgrund der Bronzemedaille, die sie vor einer Woche bei den Kurzbahn-Weltmeisterschaften in Doha (Katar) über 200 Meter Schmetterling, ihrer Paradedistanz, gewonnen hat. Es war die erste WM-Medaille ihrer Karriere überhaupt – und “ein Pflaster auf die Wunde”, die 2014 eigentlich hinterlassen hat.

Ihre Mama Ulrike konnte sie nur bedingt trösten. “Eine EM-Medaille sollte es werden, eine WM-Medaille ist es geworden”, hatte Frau Hentke ihrer Tochter freudig erklärt. Aber die Tochter sagt: “Ich ärgere mich immer noch, dass im Sommer einiges schiefgelaufen ist.” Schiefgelaufen ist das Finale bei der Europameisterschaft in Berlin, als es statt Edelmetall Platz sechs wurde – auf der langen Bahn.

Die Erkenntnis aus 2014 ist für Hentke deshalb auch ein Rätsel: “Ich muss die Dinge auf der langen Bahn umsetzen, die mir auf der kurzen gelingen. Ich finde es kurios, dass ich trotz meiner schlechten Wenden auf der Kurzbahn besser bin, das müsste genau umgekehrt sein.” Berkhahn sieht dagegen Fortschritte bei der Wende: “Sie hat gezeigt, dass sie dort deutlich besser wird.”

Der Fokus über die 200 Meter Schmetterling wird deshalb nicht nur auf der Wende, sondern vor allem auf der Geschwindigkeit liegen, so Berkhahn. Da sind Katinka Hosszu (Ungarn) oder Mireia Belmonte (Spanien) noch im Vorteil, weiß Hentke: “Beide sind für mich das Maß aller Dinge. Sie gehen die ersten 100 Meter in 57, 58 Sekunden an, ich brauche eine Minute, um hintenraus nicht einzubrechen. Da muss ich deutlich schneller werden.” Erster Prüfstein im direkten Vergleich wird die WM 2015 in Kazan (Russland/24. Juli bis 9. August) sein. Ihr Ziel dafür? “Bestzeit und Finale.” Und dann kann Olympia kommen.

von Daniel Hübner
Quelle : volksstimme.de