Hentke „flattert“ nach Tokio

Franziska Hentke
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Von Daniel Hübner

Magdeburg | Die Japaner haben ihren Olympia-Sportstätten so viele schöne Namen gegeben: Zum Beispiel wird Tennis bei den Spielen 2020 im Ariake Tennis Forest Park gespielt, die Bogenschützen treffen sich auf dem Dream Island Archery Field, und die Handballer ermitteln im Kokuritsu Yoyogi Kyōgijō ihren Sieger. Wenn es aber allein nach dem Klang der Namen gehen würde, wäre Tokio für Franziska Hentke eigentlich keine Reise wert. Die Stätte der Schwimmer heißt dort nämlich ganz schnöde: Olympic Aquatics Centre. Aber genau dorthin will die 27-jährige Schmetterlings-Spezialistin vom SC Magdeburg in dreieinhalb Jahren „flattern“.

Es hat eine Weile gedauert, bis die Wunden nach dem verpassten Finale bei den Sommerspielen in Rio geleckt waren und sich der Blick wieder in die Zukunft richtete. Hentke wollte eigentlich nur noch von Jahr zu Jahr denken. Aber sie hat mehrere Gründe gefunden, warum sie das weniger voranbringt als der Gedanke an Tokio. „Jetzt habe ich jeden Tag das große Ziel vor Augen. Das ist gerade dann wichtig, wenn man mal eine schlechte Phase im Training hat“, erklärt sie. „So kann ich mich wieder motivieren.“

Hentke gerät geradezu ins Schwärmen, wenn sie über Tokio spricht. „Die Japaner werden etwas Tolles auf die Beine stellen“, ist sie sich sicher. „Außerdem habe ich die Menschen sehr ins Herz geschlossen, weil sie immer lieb, immer freundlich sind“, sagt Hentke, die schon beim Kurzbahn-Weltcup in Tokio 2013 und 2014 startete, aber die Stadt noch nie gesehen hat. Das soll sich 2020 ändern. „Im Gegensatz zu Rio würde ich die Spiele gerne mit einem schönen Gefühl erleben, die zweite Woche nach den Wettbewerben genießen und nicht gleich wieder abreisen wollen“, betont sie. Das alles schafft sie nur mit Leistung. Und auch in dieser Hinsicht hat Hentke eine klare Vorstellung: „Ich habe meinen Zenit noch nicht erreicht. Und ich will mein Potenzial voll ausschöpfen.“

Inwieweit ihr das in diesem Jahr gelingt, davon lässt sie sich selbst überraschen. „2017 ist ein Übergangsjahr“, sagt Hentke, „nach der olympischen Saison geht es die internationale Konkurrenz immer ruhiger an.“ In Rio wollte die deutsche Rekordhalterin über 200 Meter Schmetterling (2:05,26) eine 2:04 Minuten angreifen, diese Zeit hätte auch zur Medaille gereicht. „Es deutet sich schon wieder an, dass sie das schaffen kann“, berichtet ihr Trainer Bernd Berkhahn, der Hentke „gerne auf ihrem Weg nach Tokio unterstützt“, der mit ihr aber zunächst zur WM im Juli nach Budapest fahren will.

Im Gegensatz zu den Vorjahren, als die Athleten die Normen des Deutschen Schwimmverbandes für den Saisonhöhepunkt in zwei Etappen erfüllen mussten, muss sie sich diesmal nur bei den deutschen Meisterschaften in Berlin (15. bis 18. Juni) qualifizieren – mit einer 2:07,22 Minuten und als Erste oder Zweite im A-Finale. Auch die Vorgabe über 400 Meter Lagen (4:36,54) liegt nur zwei Sekunden unter ihrer Bestzeit.

Am Sonntag startet Hentke ins Höhentrainingslager in die Sierra Nevada (Spanien), wo der Weg ins schöne Budapest geebnet wird. Nach Platz vier in Kasan 2015 hat sie noch eine Rechnung offen mit einer WM. Das muss Motivation genug sein, denn der Name der Sportstätte ist zumindest vom Klang her auch keine Reise wert. Sie heißt: Aqua Centre.

Quelle : volksstimme.de