Es gibt Dinge, zu denen Franziska Hentke keine Meinung hat. Zum Beispiel zur Musik. “Ich bin nicht soooo musikbegeistert”, erzählte die 25-Jährige vom SC Magdeburg. Und weil sie mangels Vorliebe keinen Wunsch äußerte, welches Lied aus den Boxen sie bei den Norddeutschen Meisterschaften (NDM) über die 200 Meter Schmetterling begleiten sollte, nahm Trainer Bernd Berkhahn ihr diese Entscheidung ab: “Matador” von Faith No More dudelte mit dem Start am Sonntag los, Hard Rock vom Feinsten also. Lokalmatadorin Hentke erklärte lächelnd: “Ich höre das beim Schwimmen sowieso nicht.”
Sie hat auch ohne Musik auf den Ohren am Wochenende drei Einzel-Titel in der Magdeburger Elbehalle gewonnen – über 200 Meter Lagen (2:19,89 min), 100 Meter (1:00,64) und eben 200 Meter Schmetterling. Ihre Paradedistanz absolvierte sie in 2:09,65 Minuten. Zufrieden? “Mit den ersten 100 Metern schon, mit den zweiten nicht”, sagte sie. “Der Anschlag war eine Katastrophe.” Sie hielt den Rhythmus nicht, auch nicht in der Atmung. Schon am kommenden Wochenende kann sie es besser machen: Dann geht es für Hentke, Johanna Friedrich und Poul Zellmann auf die Golden Tour nach Nancy (Frankreich) und von dort aus ins Trainingslager nach Sierra Nevada (Spanien).
Für Zellmann wird es dann das erste Lager in der Höhe seit einem Jahr sein. Als im vergangenen Frühjahr die Athleten des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) nach Spanien reisten, trainierte der 19-Jährige mit dem DSV-Perspektivteam in Berlin. Aber das Perspektivteam ist für ihn Geschichte, nach jenem Lehrgang ist Zellmann ausgetreten – in einer Phase nämlich, als er sich schnellere Zeiten erhofft hatte, als er geschwommen war. Als seine Zweifel immer größer wurden.
Jetzt aber passt bei Zellmann wieder alles zusammen. “Ich fühle mich gut”, sagte er. “Die Technik und Kraftwerte stimmen momentan, beides kriege ich gut ins Wasser. Das macht mich zuversichtlich für die nächsten Aufgaben.” Trainer Berkhahn meinte: “Poul ist besser drauf als bei den deutschen Meisterschaften im April.” Und damals war er sogar Bestzeit über die 200 Meter Freistil geschwommen: 1:49,90 Minuten.
Sein gutes Gefühl hat Zellmann bei der NDM nachgewiesen: Er gewann über 100 (0:51,39 min), 200 (1:51,17) und 400 Meter Freistil (3:54,39) den Titel – immer im Bereich seiner Bestleistungen. Er gewann zudem in der 4×200-Meter-Staffel mit Eric Reuß, Marcus Herwig und Florian Wellbrock. Und die Staffel bleibt ein Thema auch für die Weltmeisterschaften in Kazan (Russland/24. Juli bis 9. August). Berkhahn: “Wenn Poul unter die ersten Fünf schwimmt bei den German Open, ist sein Staffeleinsatz möglich.” Bei jenem Wettkampf Anfang Juli in Essen verlangt Bundestrainer Henning Lambertz von allen Athleten, die bei den nationalen Titelkämpfen die WM-Norm erfüllt haben, eine Bestätigung ihrer Leistungen.
Das hat Johanna Friedrich am Wochenende in der Elbehalle bereits getan, wenngleich sie sich am Sonntag “recht träge” fühlte. Aber die 2:00,90 Minuten am Vortag über 200 Meter Freistil stimmten sie zufrieden. “Meine Wenden sind jetzt gut”, sagte Friedrich, 20 Jahre, die neben den 200 Metern auch über 400 Meter in 4:12,28 Minuten zum NDM-Titel schwamm. Zudem siegte sie über die 4×100 Meter Lagen mit Lilly Winkel, Franziska Hentke und Daria Berestov sowie über die 4×200 Meter Freistil mit Jana Barrasch, Winkel und Hentke.
Damit zahlte sich auch das Staffeltraining aus, das sie in Hamburg bei Petra Wolfram absolvierte. Denn neben dem Start über die 400 Meter Freistil, für die sie die WM-Norm schon einmal erfüllt hat, wird sie auch mit dem Team in Kazan kämpfen. Mit oder ohne Musik.
von Daniel Hübner
Quelle : volksstimme.de