Eine Flasche Wasser haben sie auf diesen Erfolg noch nicht geköpft in der Wohngemeinschaft. Florian Wellbrock lebt ja in Magdeburg zusammen in einer reinen Schwimmer-WG mit Eric Reuß und Henrik Dahrendorff, allesamt Teamgefährten beim SCM. Nun, da der Jüngste mit 17 Jahren zur Weltmeisterschaft nach Kasan fährt, müsste doch die Party steigen. Aber Wellbrock winkt ab. Eine Party lässt sich noch besser nach der WM feiern.
Emotionaler haben sie den Überraschungserfolg des Bremers in der guten alten Heimat erlebt. “Meine Mutter fing an zu weinen, mein Vater war ganz aus dem Häuschen”, berichtet Wellbrock über das Telefonat nach Hause am vergangenen Sonntagabend, kurz nachdem Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz ihn per SMS über seinen Start in Russland informiert hatte. Und nicht nur der Vater, auch die Verwandten und die Freunde: “Alle fertig.” Er selbst “musste die Nachricht auch zweimal lesen, weil ich dachte, etwas stimmt nicht”. Aber alles stimmt. Wellbrock tritt in Kasan am 25. Juli über die fünf Kilometer an.
Es ist natürlich der größte Erfolg seiner bisherigen Laufbahn. Bislang stand ein 21. Platz bei der Junioren-Europameisterschaft über die 7,5 Kilometer zu Buche, das war 2014 in Zagreb (Kroatien). Für die JEM 2015 an diesem Wochenende in Tenero (Schweiz) hatte er sich über die nationalen Titelkämpfe am Bodensee ebenfalls qualifiziert. Aber letztlich war er dort als Dritter im Rennen über die fünf Kilometer zu schnell, um für Kasan nicht berücksichtigt zu werden. Der deutsche Meister Sören Meißner (Würzburg) startet bei der WM nämlich allein im Becken. Und deshalb wurde der Platz neben Wellbrocks Teamgefährten Rob Muffels frei. “Florian konnte seine Geschwindigkeit toll ausspielen”, lobte sein Trainer Bernd Berkhahn. Und ergänzte: “Wer wie er eine 15:22 Minuten erzielt über 1500 Meter, der gehört in den Bereich der Großen.”
Am 15. Juli geht es mit dem Team des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) zunächst ins Trainingslager nach Belek (Türkei), am 21. Juli geht es weiter nach Kasan. Wellbrock hat sich über Bedingungen dort ebenso wenig informiert, wie er sich jemals über Russland informiert hat. “Ich möchte von den Bedingungen auch nichts wissen, man macht sich nur zu viele Gedanken, wenn man schon vorher weiß, was einem nicht passt”, sagte er.
Es ist nun leicht für einen Debütanten, sein Ziel zu definieren: Er soll in Kasan “Erfahrung sammeln und zufrieden rauskommen”, erklärten Berkhahn und der Athlet zugleich. Das würde auch reichen, um in der WG nach seiner Rückkehr eine Flasche Wasser zu köpfen.
von Daniel Hübner
Quelle : volksstimme.de