Finnia Wunram : Von Beruf Frohnatur

Finnia Wunram
Foto : Verein
Von Daniel Hübner

Magdeburg | Auch drei Jahre nach ihrer Ankunft in Magdeburg ertappt man sich immer wieder beim Kopfschütteln, wenn diese 1,64 Meter kleine, schlanke, zierliche junge Frau aus Elmshorn sich durch die Meere und Flüsse dieser Welt quält, wenn sie sich gegen die tretende und kratzende Konkurrenz am Start durchkämpft, wenn sie sich über fünf, zehn oder zuletzt auch 25 Kilometer durch das sauberste oder dreckigste Nass manövriert. Finnia Wunram könnte, ihrem herzlichen Lächeln nach zu urteilen, von Beruf Frohnatur sein. Sie ist aber in erster Linie Freiwasser-Schwimmerin des SCM – und angehende Abiturientin.

Die schulische Herausforderung lässt sie auch im Höhentrainingslager von Sierra Nevada (Spanien) derzeit nicht los. „Ich habe Aufgaben für alle Fächer mitbekommen“, berichtet die 19-Jährige: „So ein Abitur schreibt sich ja leider nicht von selbst.“ Und die erste Klausur dafür muss geschrieben werden am 18. April: im Fach Deutsch.

Darauf liegt ihr Fokus in der neuen Saison, darauf und weiterhin auf die Freiwasser-Wettbewerbe: „Mein Ziel ist die Europameisterschaft in Holland“, betont sie. Im Juli werden in Hoorn die neuen kontinentalen Titelträger gesucht. Und man kann sich heute schon vorstellen, wie unscheinbar sich Finnia Wunram in eine gute Medaillenposition schwimmt. „Vielleicht ist diese Unscheinbarkeit ihre größte Stärke“, hat ihr Trainer Bernd Berkhahn mal gesagt.

Die wird sie bei den Olympischen Spielen in Rio nicht ausspielen können. Trotz ihrer Bronzemedaille über die fünf Kilometer bei der jüngsten Weltmeisterschaft im russischen Kasan, als sie erst mit ihrem Rennen und dann mit ihren Freudentränen verzückte. Schöner ließ es sich nicht mit ihr weinen als zu diesem größten Erfolg ihrer bisherigen Karriere. Ein paar Tage später sah man sie vor allem vor Kälte zittern, nachdem sie ihren ersten 25-Kilometer-Ritt überhaupt durch die trübe Kasanka mit WM-Rang fünf beendet hatte. Das einzige Ticket für Rio und über die olympischen zehn Kilometer hatte sich indes Isabelle Härle von der SG Essen gesichert. „Mein Traum bleibt aber Olympia“, sagt Wunram. „Und für Tokio 2020 kann es mit einer Teilnahme klappen.“

Für ihren Traum macht sich die 19-Jährige auch keinen Stress. Sie könnte sich über ihre Becken-Spezialdisziplin noch für Rio mühen. Ihre Bestzeit über die 400 Meter Lagen liegt bei 4:45,79 Minuten. Das ist sieben Sekunden von der schnellsten Olympia-Norm, die der Deutsche Schwimmverband (DSV) vorgibt, entfernt. Und das wiederum ist viel, weshalb „ich die Strecke nur nebenbei schwimme. Ich muss wirklich in jeder Disziplin auf die Technik eingehen und meine Grundschnelligkeit verbessern, aber vielleicht kann ich mich trotzdem steigern.“ Das würde Wunram reichen in der neuen Saison – neben der EM-Teilnahme im Freiwasser und dem Abitur.

Dafür holt sie sich in der Höhe der Sierra Nevada ihre Grundlagen. 70 Kilometer ist sie in der vergangenen Woche geschwommen, „aber in dieser Woche werden es noch mehr sein“. Sie hat mit ihrer SCM-Trainingsgruppe eine 13 Kilometer lange Tour auf einen der Hügel im Gebirge absolviert, sie hat mit der Gruppe auch einen Ausflug nach Granada unternommen. Die meiste Zeit des Tages allerdings trainiert sie Kraft, schwimmt sie zur Ausdauer, erledigt ihre Schulaufgaben. „Ich habe ein bisschen Muskelkater“, gesteht sie lächelnd. Das wiederum kann eine Finnia Wunram nun wirklich nicht erschüttern.

Quelle : volksstimme.de