Von Daniel Hübner
Wuppertal | Ihr Finale über die 200 Meter Lagen war ein Fall fürs Kuriositätenkabinett: Franziska Hentke schwamm die Bruststrecke wirklich schlecht. Ihr Trainer Bernd Berkhahn seufzte laut und lauter am Beckenrand, auf der finalen Freistildistanz kämpfte Hentke allenfalls noch um Bronze. Und holte dann im Schlusssprint Silber. Berkhahn staunte: „Das war alles andere als ein optimales Rennen, und dann solch eine starke Zeit.“
Diese starke Zeit von 2:10,16 Minuten am Sonnabend bei den deutschen Kurzbahn-Meisterschaften in Wuppertal bedeutete nicht nur persönlichen Rekord. Hentke blieb zudem unter der Norm für die Europameisterschaften in Netanya (Israel/2. bis 6. Dezember). Das blieb sie außerdem über die 100 Meter Schmetterling (58,02 sek), über die sie am Sonntag Silber gewann, über die 200 Meter Schmetterling, die sie in 2:03,86 Minuten vergoldete und dabei nur um 39 Hundertstelsekunden ihren deutschen Rekord verpasste, sowie bei ihrem Titelgewinn über die 400 Meter Lagen. Nur über 50 Meter Schmetterling (6.) und 100 Meter Lagen (6./1:02,12 min) verpasste sie die vom Deutschen Schwimmverband (DSV) vorgegebene Zeit.
„Ich werde alle vier Strecken bei der EM schwimmen“, sagte sie nach Abschluss der Wettbewerbe. Und dies auf freiwilliger Basis: Bundestrainer Henning Lambertz hatte es den 30 Normerfüllern (14 Frauen, 16 Männer) überlassen, ob sie die Reise ins Krisengebiet antreten wollen (Volksstimme berichtete). Hentke will. Bis Sonntagabend hatte sich lediglich der Hamburger Sprintspezialist Steffen Deibler konkret gegen einen Start in Netanya entschieden, “weil es nicht in meinen Formaufbau für die Sommerspiele passt”.
Wettkämpfe auf internationalem Niveau passen in Hentkes Vorbereitung, und in dieser läuft alles nach Plan, bestätigte die 26-Jährige. „Defizite gibt es immer“, betonte sie. Daran kann sie nun ganz nach ihren und den Vorstellungen ihres Trainers arbeiten, denn Lambertz hat ihren Weg zu den Olympischen Spielen in Rio abgesegnet. Als Mitglied des DSV-Elitekaders darf Hentke ihren Vorbereitungsplan unabhängig vom Verband schmieden. Und zum Plan gehört auch der Start über 200 Meter Schmetterling bei der Langbahn-EM in London im nächsten Mai.
Auf einem guten Weg nach Rio darf sich auch Johanna Friedrich wähnen. Die Freistilspezialistin verpasste in Wuppertal zwar eine EM-Norm, schwamm jedoch drei Bestzeiten, zunächst über 800 (Silber) und 400 Meter (Gold), die letzte am Sonnabend bei ihrem Bronze-Gewinn über die 200 Meter in 1:57,45 Minuten. „Ich wollte einfach Spaß haben“, sagte sie nach ihrem Rennen. „Ich hatte gut zu arbeiten, und ich bin froh, dass eine Bestzeit rausgekommen ist.“ Die Siegerin Annika Bruhn (SG Saar Max Ritter) war vom ersten Meter an ein Höllentempo gegangen und letztlich in 1:56,30 Minuten direkt zur EM geschwommen.
Die 20-jährige Friedrich steuerte zur SCM-Bilanz (drei Gold-, vier Silber- und eine Bronzemedaille) also dreimal Edelmetall bei, Hentke viermal, Florian Wellbrock bei seinem Silberritt über 1500 Meter Freistil einmal. Mit neuem Altersklassenrekord (14:51,22 min) hatte der 18-Jährige die EM-Norm geschafft. „Mir war direkt nach dem Rennen klar, dass ich auch in Netanya starten werde“, sagte Wellbrock.
Starke Vorstellungen beim Festival der persönlichen Rekorde fast aller 14 Magdeburger lieferten zudem Laura Kelsch und Paul Nitschke. Während die 16-jährige Kelsch am Wochenende jeweils in neuer Bestzeit Vierte über 50 Meter Brust (31,37 Sekunden) und Achte über 100 Meter Lagen (1:03,64 min) wurde, „schmetterte“ der 17-jährige Nitschke am Sonnabend über die 200 Meter auf Platz acht in 1:58,64 Minuten. Noch im Vorlauf hatte der Debütant erstmals die Zwei-Minuten-Marke geknackt. Da steckt viel Potenzial im SCM mit Blick auf die Tokio-Spiele 2020.
Weitere SCM-Ergebnisse vom Wochenende
Männer:
100 m Freistil: 32. Marius Zobel 51,07 sek (Bestzeit/BZ), 400 m Freistil: 12. Florian Wellbrock 3:49,20 (BZ), 16. Eric Reuß 3:52,32; 800 m Freistil: 10. Reuß 8:07,37 min; 100 m Rücken: 34. Paul Gärtner 57,55 sek (BZ); 200 Meter Rücken: 29. Gärtner 2:05,30 min (BZ); 50 m Brust: 30. Henrik Dahrendorff 29,19 sek (BZ); 200 m Brust: 18. Dahrendorff 2:15,76 min (BZ); 200 m Schmetterling: 12. Wellbrock 2:00,04 min (BZ)
Frauen:
200 m Brust: 15. Laura Kelsch 2:34,81 min (Vorlauf: 2:33,80/BZ), 200 m Schmetterling: 12. Finnia Wunram 2:16,25 min; 43. Emily Charlotte Feldvoss 2:25,41; 50 m Freistil: 47. Johanna Friedrich 26,84 sek; 200 m Freistil: 10. Wunram 2:16,69 min; 50 m Rücken: 39. Jana Barrasch 29,73 sek; 100 m Rücken: 33. Barrasch 1:03,94; 50 m Brust: 15. Daria Berestov 32,79; 1500 m Freistil: 11. Lotta Steinmann 17:00,17 min (BZ); 37. Barrasch 17:52,02
Quelle : volksstimme.de