Von Daniel Hübner
Magdeburg | Aliena Schmidtke, Marius Zobel und Lukas Märtens vom SC Magdeburg gehören zum Großaufgebot des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) bei den Kurzbahn-Europameisterschafen: 40 Athleten haben die Bundestrainer Bernd Berkhahn und Hannes Vitense für Glasgow berufen: „Es wird ein gemischtes Team aus Nachwuchs- und erfahrenen Athleten sein“, hatte Berkhahn bereits im Vorfeld der nationalen Titelkämpfe Mitte November erklärt.
Tatsächlich starten vom 4. bis 8. Dezember in Schottland Spitzenathleten wie Marco Koch, Marius Kusch, Anna Elendt, Annika Bruhn oder Schmidtke neben aufstrebenden Schwimmern wie Sven Schwarz, Märtens oder Isabel Gose. Andererseits pausieren auch einige Olympia-Hoffnungen: wie Sarah Köhler, Florian Wellbrock oder Franziska Hentke aus der Magdeburger Trainingsgruppe, die aber ein Auge auf die Teamgefährten haben werden.
Aliena Schmidtke
Eine schöne Erkenntnis überlieferte Aliena Schmidtke mit einer kräftigen Portion Humor: „Bernd muss keine Angst mehr haben, dass er mir einen Rettungsring zuwerfen muss.“
Die Angst wäre sogar berechtigt, müsste ein Schwimmtrainer wie Bernd Berkhahn bei einer Schwimmerin wie Aliena Schmidtke tatsächlich über rettende Maßnahmen nachdenken. Dennoch liegt in der Ironie auch ganz viel Schicksal der ersten und verkorksten vier Monate dieses Jahres, als die 27-Jährige noch in den USA trainierte. Und nach ihrer Rückkehr im Mai feststellen musste: „Fast alle Werte waren nicht mehr im Optimalbereich.“ Oder weit darunter.
Alles Neue hat zwar auch nicht der Mai in Magdeburg gemacht, aber: „Mich freut, dass ich allmählich einige Fortschritte sehe und wieder in Form komme“, sagt Schmidtke. Das fängt beim Gewicht an. Sie hat einige Kilogramm abgehungert und zum guten Wettkampfgewicht gefunden. „Dann merke ich natürlich, dass meine Ausdauer wieder besser wird“, erklärt sie.
Defizite gibt es zwar in so ziemlich jedem Bereich. Nach wie vor. Dennoch ist Schmidtke zurück in die Zukunft, die sie zwischenzeitlich aus den Muskeln verloren hatte, geschwommen. Und die Zukunft heißt: Olympische Spiele. Zugleich ein Traum, den sich Schmidtke mit ihrer Teilnahme in Tokio erfüllen will.
Einen Anhaltspunkt dafür hat die Schmetterling-Spezialistin dafür schon: Die Norm wurde mit 57,90 Sekunden über 100 Meter festgelegt, das sind drei Hundertstelsekunden über ihrer Bestzeit. Das bedeutet für Aliena Schmidtke zugleich: Zuversicht. „Die Norm ist absolut machbar“, sagt sie. „Und mit Bernd habe ich einen Trainer an meiner Seite, der sehr methodisch denkt. Deshalb bin ich optimistisch, dass am Ende alles Gute zusammenkommt.“
Das soll es zunächst auch in Glasgow, wo Schmidtke über 50 und 100 Meter an den Start gehen wird – exklusive einiger Staffeleinsätze. „Mein Ziel ist es, überall ins Finale zu kommen“, betont sie. „Dort habe ich nichts mehr zu verlieren, dort kann alles passieren“.
Marius Zobel
Die Auftritte des Marius Zobel haben wieder etwas Befreites, ja Unbekümmertes. Das war in diesem Jahr nicht immer so. Auch wenn Zobel dies nicht so empfunden hat. Nicht in seiner schwachen Phase, in der er den Einzelstart bei der Langbahn-Weltmeisterschaft verpasste. Nicht in seiner derzeit guten Phase, in der er sich für die EM qualifiziert hat. Aber überrascht von Letzterer, das ist Zobel immer noch.
Von 4:07,50 Minuten über 400 Meter Lagen zum Beispiel, von jener Bestzeit also, mit der er bei der Kurzbahn-Meisterschaft in Berlin gewonnen hat. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell ist“, erinnert sich der 20-Jährige an den Moment seines Zielanschlags und an seinen erstaunten Blick auf die Anzeigetafel. „Wir hatten ja im Training zuvor viel Feuer gemacht.“
Jetzt wird er ausgeruht nach Glasgow reisen. Er wird dort über 200 und 400 Meter Lagen antreten. Dabei ist Zobel ein Freistil-Spezialist. Hat er also eine neue Disziplin für sich entdeckt? „Natürlich bereiten wir die Lagen auf die EM vor, aber ich denke nicht, dass es meine Hauptstrecke wird.“
Wenn er sie allerdings so schnell absolviert auf der langen Bahn, dass es für das Ticket nach Tokio reicht – Zobel hätte nichts dagegen. „Mir ist es egal, über welche Strecken ich mich für die Sommerspiele qualifiziere“, sagt er. Über 400 Meter Lagen steht die Normzeit bei 4:15,00 Minuten und ist 5,85 Sekunden schneller als Zobels Rekord. Über 200 Meter Freistil steht sie bei 1:46,70 Minuten und ist 1,22 Sekunden schneller. Zobel hat also vielleicht keine neue Hauptstrecke, dafür aber neue Möglichkeiten entdeckt, die er selbst noch nicht abschätzen möchte. „Die Saison ist lang, es kann viel passieren“, erklärt er. „Aber wir sind auf einem guten Weg, mich für die Saison schnell zu machen“, ergänzt er zur Arbeit mit Coach Berkhahn.
Und schnell will Zobel nun auch bei der Kurzbahn-EM sein. „Ich strebe keinen Podestplatz an, mein Fokus liegt auf der Zeit.“
Lukas Märtens
Er hätte der nationalen Konkurrenz gerne gezeigt, wie gut und wie schnell er ist. Dass mit ihm zu rechnen ist, auf der 25 und auf der 50 Meter langen Bahn. Aber während am dritten November-Wochenende die Konkurrenz ihre deutschen Kurzbahn-Meister in Berlin ermittelte, musste Lukas Märtens in Magdeburg nach grippalem Infekt Kilometer aufholen, schrubben, trainieren. „Ich denke, dass ich damit noch einmal Grundlagen legen konnte“, berichtet der 17-Jährige. Und gesund ist er auch geblieben. Gute Voraussetzungen also für seinen ersten internationalen Titelkampf in der Elite.
Dass er trotz verpasster Meisterschaft und knapp verpasster EM-Norm über 400 Meter Freistil nach Glasgow fährt, hat ihn etwas überrascht. Aber ganz umsonst war vom DSV nicht festgelegt worden, dass die Teilnehmer der Junioren-Weltmeisterschaften in diesem Jahr auch eine gesonderte Chance auf die EM haben sollen. Wie Märtens, der zudem vier Bestzeiten in der noch jungen Saison auf der kurzen Bahn aufgestellt hat: über 200, 400 und 1500 Meter Freistil sowie über 200 Meter Rücken.
Märtens blickt voraus: „Ich nehme die EM natürlich ernst, setze mich aber nicht unter Druck. Ich bin vor allem da, um Erfahrungen zu sammeln.“ Erfahrungen, die ihm auf dem Weg nach Tokio hilfreich sein könnten. „Ich habe schon einen Blick auf die Normzeiten geworfen“, verrät Märtens lächelnd. Über 200 Meter Rücken, seine Paradedistanz, muss er 1:57,00 Minuten vorlegen. Seine Bestzeit steht bei 1:59,96 Minuten. „Das ist machbar“, sagt Märtens. Denn: „Die Bestzeiten, die ich schon in den vergangenen Monaten erzielt habe, haben mir Aufwind gegeben.“
Quelle: volksstimme.de