Auch auf Heimatbesuch ist der Trainingsplan zumeist sein ständiger Begleiter. Passender Treffpunkt für das Interview mit Rob Muffels (20) ist daher das Cafe Seepferdchen im Badepark Elmshorn. Beim Abschlusstraining in der Traglufthalle, wo er öfters in der Gruppe von Swim-Team-Cheftrainer Jörg Freyher („Mit ihm habe ich ein super Verhältnis“) mittrainiert hat,wurde aber Wasserball gespielt. In der Hand hält Muffels eine große Schüssel Waffelteig, denn am Abend trifft er sich noch mit Hendrik Rijkens, Clemens Kaiser, Jacob Heidtmann und anderen Freunden in Elmshorn. Ein Gespräch über kleine Sünden während der Feiertage und das große Ziel Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio.
Wir haben gerade die gefährliche Zeit, was Sündigen in Sachen Essen und Trinken angeht, hinter uns. Wie haben Sie die Feiertage in dieser Hinsicht hinter sich gebracht?
Rob Muffels: Ich habe zugelangt und es voll ausgekostet. Ich muss schon sehen, dass ich nicht ans Limit gehe, aber ich kann alles essen. Bei meinem Kohlehydrate- und Kalorienbedarf ist das alles kein Problem.
Und einmal anstoßen zum Jahreswechsel war dann wahrscheinlich auch drin?
Ja, einmal anstoßen ist schon o. k. Ansonsten hat sich der Alkoholgenuss schon in Grenzen gehalten.
Es gab im vergangenen Jahr ja auch mehr als einen Grund, um anzustoßen – besonders bei den Europameisterschaften mit Silber über fünf Kilometer Freiwasser und der Bronzemedaille im Teamwettbewerb. Kann man 2014 als ihr bisher erfolgreichstes Jahr bezeichnen?
Die EM war mit Abstand der größte Erfolg. Der Anschluss bei den Männern ist geschafft. Das war vorher nach dem, was ich bei den Weltcups oder der Zehn-Kilometer-Qualifikation gezeigt habe, nicht wirklich sicher. Da lief nicht alles rund. Bei der EM habe ich endlich mal gezeigt, dass ich das Niveau habe und es auch in Zukunft schaffen werde, vorne mitzuschwimmen. Das war schon ein kleiner Durchbruch.
Können Sie irgendwie festmachen, was diesen Kick gegeben hat, damit Sie die bis dahin noch fehlenden Prozente herauskitzeln konnten?
Beim letzten Weltcup in Portugal haben Bernd (Berkhahn, Trainer des SC Magdeburg, die Red.) und ich ausmachen können, was ich verändern muss, um wirklich vorne dabei zu sein, was ich übers Trainingsjahr falsch gemacht habe, weil ich es habe schleifen lassen. Wir haben im Training ein bisschen was umgestellt und bei den Deutschen Meisterschaften habe ich durch die Qualifikation, die ja doch recht eindeutig war, Selbstvertrauen gewonnen. Im Kopf hat’s einmal gepasst, dass ich wirklich alles abgeliefert habe, was ich drauf habe.
Erinnern Sie sich mit ein paar Monaten Abstand noch daran, wie es war, bei der EM als Zweiter anzuschlagen?
Am besten ist mir in Erinnerung die Zeit in der Pressezone danach, wie ich darauf gewartet habe, bis die anderen ins Ziel kommen und Thomas Lurz knapp langsamer war. Solche Momente sind mir im Kopf geblieben. Der Anschlag selbst natürlich auch, als ich auf der Anzeigetafel gesehen habe, ich bin vorne. Das war ein geiles Gefühl. Aber sonst habe ich von dem Rennen nicht mehr viel im Kopf – ich weiß aber noch, was ich falsch gemacht habe.
Was ist sonst an Eindrücken von der EM in Berlin hängen geblieben?
An sich war es gar nicht so viel anders als bei den anderen großen Wettkämpfen. Man hat halt schon gemerkt, dass ich ein bisschen besser in der Gruppe drin bin und mich ein bisschen besser auskenne und die Leute zuordnen kann. Und natürlich bleibt auch die Siegerehrung im Kopf. Die Veranstaltung war – muss man sagen – nicht ganz so gut organisiert, wie man es vom DSV erwartet hätte. Wir sind ja eigentlich führend in der Freiwasserszene und kritisieren ehrlich gesagt auch viel bei Weltcups, wenn da was schief läuft. Und dann kann es eigentlich nicht sein, dass man es selbst nicht viel besser macht. Man hat schon mehr erwartet, wenn man ehrlich ist.
Thomas Lurz hat angekündigt, bis mindestens 2016 weitermachen zu wollen. Ist das Ansporn oder Belastung?
Es ist Ansporn. Ich freue mich, weiter gegen Thomas schwimmen zu können, weil ich ihn als Konkurrenzen sehe, den ich mal schlagen möchte. Ich hab’s jetzt einmal auf fünf Kilometern geschafft, aber natürlich will man das auch auf der olympischen Distanz (zehn Kilometer, die Red.) bei einem wichtigen Wettkampf schaffen. Es ist natürlich schade, dass er jetzt für die Weltmeisterschaften vornominiert ist, wo wir auch die Olympiaqualifikation haben, und wir uns jetzt mit drei oder mehr Leuten um den noch einen freien Startplatz schlagen müssen. Es ist für ihn aber auch verdient, weil er jahrelang Megaleistung abgeliefert hat. Da kann man nicht viel kritisieren. Ärgerlich für uns, aber nachvollziehbar.
Das heißt, 2015 wird kein Jahr zum Ausruhen für Sie?
Nein. Vor allem das erste halbe Jahr wird anstrengend – trainingstechnisch und schulisch, denn ich mach dieses Jahr mein Abitur, was zeitlich parallel mit der Zehn-Kilometer-Qualifikation für die Weltmeisterschaft sein wird. Das wird ein recht intensives Jahr – und auch das entscheidende Jahr. Jetzt wird eigentlich über meine Zukunft entschieden, wie es in den nächsten Jahren ablaufen wird. Deshalb ist wichtig, dass ich immer am Ball bleibe und mir keine großartigen Pausen nehme.
Wobei die Pausen bei den Freiwasserschwimmern ja eh gering sind, da Sie auch einen Teil der Becken-Wettkämpfe mitnehmen.
Diejenigen, die sich wirklich aufs Freiwasserschwimmen konzentrieren, sind schon ein bisschen später angefangen. Die haben aber so viel Erfahrung, dass sie das nicht zurückwirft. Ich muss sehen, dass ich über die Geschwindigkeit und die Technik komme und wirklich alles perfekt abrufe.
Zumal sich im Laufe der Zeit immer mehr Schwimmer vom Becken ins Freiwasser getraut haben und immer noch trauen.
Freiwasserschwimmen ist schon etwas populärer geworden. Es ist nicht eine große Sportart und wird wahrscheinlich nie den gleichen Rang haben wie das Beckenschwimmen, aber man merkt schon, dass ab und zu ein Beckenschwimmer merkt, er könne im Freiwasser auch erfolgreich sein. Wenn, dann sind es Spitzenleute wie Oussama Mellouli, der 2012 Olympia gewonnen hat und 2008 schon die 1500 Meter im Becken gewonnen hat. Das ist gut für den Sport – auch wenn’s mehr Konkurrenz ist, aber damit können wir, glaube ich, alle leben.
Sie haben eben schon gesagt, dass dieses Jahr für Ihre weitere Zukunft entscheidend sein wird. Wo sehen Sie sich Ende 2015? Was sind Ihre Ziele?
Das Hauptziel dieses Jahr ist die WM-Quali. Danach zählt für mich, die Olympia-Quali zu schaffen. Nebenbei will ich mein Abitur zu Ende gehen. Und im nächsten Jahr käme dann die Olympia-Vorbereitung. Das ist der Plan A. Es gibt auch Plan B und C, aber erst einmal wird an Plan A gearbeitet und dafür alles gegeben. Ich habe sicher auch die Möglichkeit, vier Jahre später noch einmal Olympia zu schwimmen, aber warum sollte man warten?
Dann lassen Sie uns doch mal in kleinen Schritten gehen. Wie sieht die Zeit bis zum Abitur aus?
Über Silvester hatten wir ein Heim-Trainingslager in Magdeburg. Im Januar fängt wieder die Schule an. Wir wollen gerne ins Höhentrainingslager, um etwas für die Ausdauer zu tun. Dann werden die ersten Weltcups in Mexiko, zugleich die WM-Qualifikation, kommen. Deswegen muss man schauen, wie man das mit der Schule regeln kann, ob man einen Nachschreibetermin findet.
Schule ist ja für Sie auch sehr wichtig.
Klar. Mein Abitur soll so gut wie möglich werden. Ich will später studieren und einen ordentlichen Beruf finden. Mit Schwimmen werde ich wahrscheinlich nicht reich werden.
Die Zahl der Schwimmer, die das schaffen, kann man wohl an einer Hand abzählen…
Es sind eher zwei, aber dafür mache ich das ja auch nicht.
Sondern wofür?
Für den Erfolg.
Quelle : Elmshorner Nachrichten