Naiv sei sie gewesen, sie habe gedacht, sie sei sowieso die Beste. Dann hat sie sich zurückgelehnt, hat nicht mehr hart trainiert. Johanna Friedrich war also die deutsche Meisterin der Jahre 2013 und 2014, die glaubte, mit einem Titel auf nationaler Ebene alles erreicht zu haben. So gesehen ist es ein Glück für die Schwimmerin vom SC Magdeburg, dass sie die diesjährigen Titelkämpfe in Berlin trotz Bestzeiten “nur” mit Silber über 200 und 400 Meter Freistil beendet hat. Das war am zweiten April-Wochenende. “Ich denke, das war für mich gut. Ich habe mich sonst immer auf meinen Erfolg ausgeruht. Jetzt muss und will ich weiterarbeiten”, sagte Friedrich. Auch für die WM in Kasan (Russland/24. Juli bis 9. August). Denn für diese hat sie die erste Norm über die längere Distanz erfüllt.
Ihr Trainer Bernd Berkhahn hat zur Frage, woran die 20-Jährige und auch Franziska Hentke bis zur WM arbeiten müssen, erst mal herzlich gelacht. “Die Maschine geht wieder von vorn los”, sagte der Coach. Und sie muss noch 16 Wochen laufen bis Kasan. Es wird also weiter an Grundlagen und Technik gearbeitet, es wird Wettkämpfe wie die Norddeutschen Meisterschaften Mitte Mai in der Elbehalle geben. Ab 26. Mai geht Berk- hahn mit seinen Schützlingen in die Höhe, wieder nach Sierra Nevada (Spanien), wie im März vor den Meisterschaften. “Das Höhentrainingslager war für mich der positive Knackpunkt für meine Leistungen in Berlin”, weiß Hentke. Die 25-Jährige hatte mit Bestzeiten über 200 Meter Schmetterling und 400 Meter Lagen jeweils Gold und mit WM-Norm gewonnen.
Und Anfang Juli stehen die German Open in Essen an. Dann müssen Friedrich und Hentke ihre Leistungen mit etwas schwächeren Normzeiten als in Berlin bestätigen, um auch den zweiten und damit letzten Schritt zur WM zu gehen.
Bis zu jener abschließenden Überprüfung wollen Hentke und Friedrich zunächst “die Wenden verbesseren, die sind nach wie vor ausbaufähig”, sagten beide Damen. Hentke hat zudem einen neuen Atmungsrhythmus, sie taucht statt bei jedem nur noch beim zweiten Zug auf. “um den Körperwiderstand zu verringern”, erklärte sie. Um ihren Körperwiderstand muss sie indes auch von innen kümmern. Nach den krankheitsbedingten Zwangspausen zu Jahresbeginn ist bei ihr ein Immundefekt festgestellt worden, weshalb sie sich regelmäßig behandeln lässt.
Friedrich arbeitet indes zusätzlich für ihren möglichen Staffeleinsatz über die 4×200 Meter Freistil bei der WM. Deshalb trainiert sie kommende Woche in Hamburg mit den schnellsten Frauen des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) auf dieser Strecke. Und gerade aus diesem nationalen Vergleich nährt sich ihr Ansporn für die Zukunft. Denn sie sagt: “Ich will wieder Nummer eins werden.”
von Daniel Hübner
volksstimme.de