Am Mittwoch hat Finnia Wunram am Sportgymnaisum einen Vortrag gehalten zum Thema Ausdauertraining. Sie war deshalb am Vorabend etwas im Stress, was sie am Telefon entsprechend artikulierte. Dabei darf man eigentlich vermuten, dass eine Schwimmerin des SC Magdeburg und von Trainer Bernd Berkhahn sowas im Schlaf erzählen kann, auch ohne sonderliche Vorbereitung. Vielleicht am Beispiel des Höhentrainingslagers in der Sierra Nevada (Spanien), das Wunram zuletzt drei Wochen lang absolviert hat. “Wenn ich mich nicht verzählt habe, sind wir in den drei Wochen 275 Kilometer geschwommen”, sagte die 19-Jährige. So trainiert man Ausdauer, liebe Mitschülerinnen und -schüler. Fertig.
Fertig. Das war sie nicht etwa nach dem Trainingslager. Dazu hatten schon zehn Kilometer gereicht, und zwar Anfang Mai in Cozumel (Mexiko), beim Freiwasser-Weltcup über die olympische Distanz, bei der ersten WM-Qualifikation also.
Nach ihrem 25. Platz herrschte erst mal Funkstille im Leben der Finnia Wunram. “Ich brauchte eine Woche, um meine Enttäuschung zu verarbeiten”, sagte sie. Sie wurde drittbeste Deutsche, nur zwei Damen dürfen bei der Weltmeisterschaft in Kasan (Russland/24. Juli bis 9. August) über die zehn Kilometer antreten und zugleich um das direkte Ticket für die Sommerspiele in Rio 2016 kämpfen. Sie könnte nun am Sonnabend beim Weltcup in Balatonfüred (Ungarn) noch auf diesen Zug aufspringen, wenn sie 14 Plätze besser abschneidet als Angela Maurer (Mainz). Wunram sagte zu ihren Aussichten: “Das ist ziemlich aussichtslos.”
Die Geschichte der Finnia Wunram ist nahezu identisch mit der ihres Teamgefährten Rob Muffels, der ebenfalls nur noch geringe Chancen hat, das WM-Ticket über die zehn Kilometer zu lösen. Also wollen sie es über die nichtolympischen fünf Kilometer nachholen, die Qualifikation dafür wird vom 25. bis 28. Juni mit nationalen Titelkämpfen in Lindau am schönen Bodensee abgehalten.
Während nun der Balaton in Ungarn angenehme Temperaturen erwarten lässt (23 Grad), begleitet ein halbwegs klirrendes “Brrr” den Gedanken an den 536 Quadratkilometer großen See im Alpenvorland (19 Grad). Das kann eine Wunram aber nicht erschrecken: “Ich habe bei den Meisterschaften 2013 auch das Rennen bei 17 Grad Wassertemperatur durchgehalten”, erinnerte sie sich an ihren damaligen Sieg in Duisburg, mit dem sie sich für die WM in Barcelona qualifiziert hatte.
Worüber sie nun mit Trainer Berkhahn noch nicht gesprochen hat, ist die Frage, wie es bis Olympia in Rio weitergeht, ob sie wie Muffels dann im Becken ihre Chance sucht. Über 800 Meter Freistil zum Beispiel: “Dafür fehlt mir die Geschwindigkeit”, so Wunram. Oder über ihre eigentliche Spezialstrecke 400 Meter Lagen, die sie allerdings gefühlt so oft trainiert, wie sie Vorträge über Ausdauertraining hält.
Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin im April war sie Vierte geworden in 4:45,72 Minuten. “Das war super, ich hatte ohne jede Vorbereitung meine Zeit aus dem Vorjahr getoppt”, freute sie sich über ihren persönlichen Rekord. “Aber ich müsste mich noch um sieben, acht Sekunden steigern, und das wird schwer.”
Was auch immer bis Rio passiert, sicher ist: Es wird auch danach Olympische Spiele geben. Deshalb sagte Wunram: “Ich konzentriere mich weiter aufs Schwimmen, und wenn es weiter gut läuft, ist Tokio 2020 natürlich das Ziel.” Fünf Jahre Ausdauertraining inklusive.
von Daniel Hübner
Quelle: volksstimmme.de