Schwer geatmet und gepustet hat Franziska Hentke nach dem Anschlag in ihrem Vorlauf am Sonntag. Auch am letzten Tag der Weltmeisterschaften in Kasan sollte ihr eine Bestleistung verwehrt bleiben – diesmal über 400 Meter Lagen. “Ich wäre gerne Bestzeit geschwommen”, sagte die Athletin vom SC Magdeburg zu ihrem 17. Platz in 4:43,51 Minuten. Sie blieb damit 78 Hundertstelsekunden über ihren persönlichen Rekord. “Aber die Leistung ist absolut in Ordnung. Ich bin mit der WM und vor allem mit der Saison zufrieden.” Zum Ende der Titelkämpfe schickte sie wieder ein Lächeln in die Welt, daran konnte auch ein leichter Infekt nichts ändern. Die Enttäuschung über Rang vier über 200 Meter Schmetterling am vergangenen Donnerstag hatte sie längst verwunden.
Denn letztlich lässt sich der “riesige Sprung”, den Hentke aus der Saison resümieren darf, auch in absoluten Zahlen erklären: Bei der Europameisterschaft in Berlin vor einem Jahr wurde sie über die Schmetterlingsdistanz Sechste in 2:08,93 Minuten, in Kasan Vierte in 2:06,78. Sie ist immer noch die Schnellste der Welt 2015 mit ihrem deutschen Rekord (2:05,26). Dieser Sprung konnte sie freilich direkt nach dem Finale von Kasan nicht trösten. Auch nicht die 5000 Dollar (zirka 4500 Euro) Preisgeld. “Mein Trainer musste mich mehr als einmal in den Arm nehmen”, berichtete sie. Und ergänzte: “Ich bin so froh, dass ich ihn als Trainer habe.”
Der Trainer heißt Bernd Berkhahn, ihm wurde in den vergangenen Tagen “eine top Arbeit” bescheinigt, von Helmut Kurrat, Leiter des Olympiastützpunktes Sachsen-Anhalt, von André Willms, SCM-Vizepräsident Leistungssport. Zu Hentkes letztem Rennen analysierte Berkhahn: “Bei 250 Meter war sie deutlich stärker als noch bei ihrer Bestzeit zu den deutschen Meisterschaften, dann hat sie ein bisschen abgebaut, der Infekt hat sich bemerkbar gemacht.” Letztlich, resümierte Berkhahn, war “die Form deutlich besser als bei der EM, aber noch nicht optimal.”
361 Tage haben die 26-Jährige und ihr Coach nun Zeit, das Optimum zu finden. Die Normen für Rio stehen bereits fest: Hentke muss bei den deutschen Meisterschaften 2016 in Berlin im Vorlauf eine 2:11,07 und im Finale eine 2:08,86 Minuten schwimmen auf der Schmetterlingsstrecke und diese Zeiten spätestens im Juli bei den German Open in Essen bestätigen. Über 400 Meter Lagen (4:38,96 und 4:44,51) wird es für einen Rio-Start kaum reichen, “aber das war uns klar”, so Berkhahn.
Für Olympia gönnt sich Hentke kaum eine Pause, zumal “ich in diesem Jahr lange genug Zwangsurlaub hatte”, erinnerte sie an die krankheitsbedingten freien Tage im Winter. In dieser Woche stehen noch die Weltcups in Moskau (Russland/11./12. August) und in Chartres (Frankreich/15./16. August) auf dem Plan. Soweit es der Infekt überhaupt zulässt, startet sie dann über 100 und 200 Meter Schmetterling sowie 400 Meter Lagen und 800 Meter Freistil. “Danach verbringe ich drei freie Tage an der Ostsee, bevor ich wieder ins Training einsteige”, verriet Hentke ihren Urlaubsplan.
Bundestrainer Henning Lambertz, der am Wochenende zwar keine Medaille, aber einen deutschen Rekord des Elmshorners Jacob Heidtmann über 400 Meter Lagen (5. in 4:12,08 min.) verzeichnen durfte, hat derweil angekündigt, dass die Magdeburgerin, obwohl sie nicht die Unabhängigkeit eines Elitekaders vom Verband genießt, “einige Freiheiten vor allem hinsichtlich der Trainingssteuerung vor Olympia” erhalten wird. Soll heißen: Auch Hentke und Berkhahn können frei von DSV-Terminen den nächsten großen Sprung planen.
von Daniel Hübner
Quelle : volksstimme.de