Olympia “Ein Rennen wie ein Sommermärchen: Florian Wellbrock schwimmt in beeindruckender Manier zum Olympiasieg über 10km”

TOKIO | Bei seinem dritten und letzten Rennen bei den Olympischen Spielen in Tokio hat sich Florian Wellbrock den Traum von Gold erfüllt. Nach Bronze über 1500m Freistil gewann der 23-Jährige vom SC Magdeburg am Donnerstag beim Freiwasserrennen über 10km in 1:48:33,7 Stunden vor Kristof Rasovszky (HUN/ 1:48:59,0) und Gregorio Paltrinieri (ITA/1:49:01,1) in überlegener Manier. Es war nicht nur der erste Olympiasieg eines deutschen Schwimmers seit Michael Groß und Uwe Daßler 1988. Doppelweltmeister Wellbrock wurde damit auch der erste Schwimmer weltweit, der olympische Medaillen im Becken und Freiwasser bei den gleichen Spielen gewann. Wellbrocks Vereinskollege Rob Muffels belegte an diesem denkwürdigen Tag den elften Rang (1:53:03,3).

„Für mich persönlich ist das mein Sommermärchen heute“, freute sich Wellbrock beim ZDF-Interview. „Ich denke mal, insgesamt der DSV, Abteilung Schwimmen und Freiwasserschwimmen, kann damit sehr, sehr zufrieden sein. Gestern hat Leonie Beck über die 10km auch den starken fünften Platz geholt und ich heute zum Abschluss nochmal für alle eine Goldmedaille. Ich glaube, wir können damit alle zufrieden sein und es geht ein bisschen bergauf.“ Nach zuvor bereits zwei Bronzemedaillen beim Beckenschwimmen und zwei Bronzemedaillen beim Wasserspringen für das Team des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV) kann sich die Olympiabilanz wirklich sehen lassen.

Wellbrocks Auftritt im Odaiba Marine Park geriet dabei zu einer Demonstration der Stärke. Als das Rennen um 06:30 Uhr morgens bei 29,2 Grad Wassertemperatur und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit gestartet wurde, setzte sich der Weltmeister von 2019 gleich an die Spitze und erschwamm sich bis zur ersten Boje nach 740 Metern mal eben zehn Sekunden Vorsprung. Von nun an kontrollierte der Deutsche mit ruhiger Frequenz und seinem kraftvollem Armzug das Rennen fast nach Belieben. „Diese Frequenzen von 29 bis 32 (Zügen pro Minute, Anm.d.Red.) sind die Frequenzen, wo ich mich am wohlsten fühle, wo ich am besten arbeiten kann. Das spart viel Energie und das hat man heute einfach gebraucht, um zu gewinnen, glaube ich“, meinte Wellbrock dazu.

So ließ er seinen französischen Dauerrivalen Marc-Antoine Olivier und Kristof Rasovszky nach 4,5 Kilometern zwar wieder aufschließen und bei Hälfte des Rennens auch kurze Zeit sogar mal vorbei an die Spitze, doch insbesondere Olivier verzichtete bei seiner Aufholjagd immer wieder auf das Trinken an den Verpflegungspunkten. Ein taktischer Fehler, der ihm zum Ende des Rennens teuer zu stehen kam und den WM-Zweiten von 2019 dann auf den sechsten Platz zurückfallen ließ.

Wellbrock war an diesem Tag einfach niemand gewachsen. Genau als Paltrinieri seinen zwischenzeitlich über 30 Sekunden großen Rückstand aufgeholt hatte, zog Wellbrock bei zwei Dritteln der Distanz das Tempo noch einmal an. Folgen konnte nun keiner mehr, der Vorsprung stieg auf 25 Sekunden an und die letzten Meter wurden so zu einem Triumphzug. „Das Ziel war es, eine Medaille zu holen. Auf Gold habe ich tatsächlich nicht spekuliert. Aber ich habe schon gemerkt, dass die ersten Runden für mich eigentlich sehr locker waren und wenn ich nach hinten geguckt habe, habe ich gesehen, dass die anderen so ein bisschen Probleme hatten. Ich habe gehofft, dass die mehr mit dem warmen Wasser zu kämpfen haben als ich. Und ich glaube, das hat es in der letzten Runde jetzt auch gemacht“, sagte Wellbrock. Und der Rückblick auf die Beckenwettbewerbe fiel ihm nun natürlicher leichter: „Vielleicht habe ich diesen kleinen Dämpfer über 800m gebraucht, um heute so stark wieder zu kommen.“

„Ich freue mich mit Flo, für mich als Freund und Teamkollege ist das ein sehr stolzer Moment“, sagte Rob Muffels. „Für mich persönlich war das aber eher ein bitterer Tag. Denn das Leistungsvermögen für mehr war da, aber ich konnte mich für den Aufwand nicht belohnen und habe Fehler gemacht. Ich habe am Anfang zu viel Aufwand betrieben, um Flo hinterherzukommen, statt die anderen arbeiten zu lassen. Laktat und Wärme haben mir da nicht gutgetan, ich war kurze Zeit handlungsunfähig und wurde schnell durchgereicht. Als mein Körper sich in der dritten Runde erholt hatte, konnte ich im Alleingang wieder etwas nach vorn schwimmen.“

„Florian hat von Anfang an das Teilnehmerfeld dominiert und war einfach nicht zu stoppen. Er hat Historisches geschaffen mit dem ersten Olympiasieg im Freiwasser für Deutschland“, applaudierte Paul Biedermann, einst Weltmeister und noch immer Weltrekordhalter im Becken. „Eine Medaille im Becken und im Freiwasser zu gewinnen ist eine ganz eigene Liga und spricht für das Ausnahmetalent Florian Wellbrock.“ Und auch Franziska van Almsick verneigte sich vor dem Olympiasieger: „Florian ist von Anfang an sein eigenes Rennen geschwommen und hat das Rennen klar in der Hand gehabt. Er ist zu einem fokussierten, klaren und ruhigen Athleten geworden, der meinen großen Respekt verdient. Es ist vor allem seine mentale Stärke, die mich begeistert und dieser klare, ruhige Wille zu gewinnen.“

Herausgeber:
Deutscher Schwimm-Verband e.V.